Die jungsteinzeitlichen Quedlinburger sorgen für Schlagzeilen

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Schon vor 6800 Jahren gab es in Quedlinburg astronomische Beobachtungen. So oder ähnlich könnte die Schlagzeile lauten, nachdem Archäologen der Freien Universität Berlin nun ihre Forschungsergebnisse veröffentlicht haben. Nach mehrjährigen Ausgrabungen hat sich gezeigt, dass eine kreisförmige Kultanlage aus der frühen Jungsteinzeit (ca. 4800 v. Chr.) in der Nähe von Quedlinburg vermutlich der Himmelsbeobachtung diente.

Kultanlage war auf den Brocken ausgerichtet

Eine Lücke im äußeren Grabenring der Anlage mit einem Durchmesser von 98 Metern, war auf den 40 Kilometer entfernten Brocken ausgerichtet, an dessen Flanke man zu den Tag- und Nachtgleichen die Sonne untergehen sah. Die nach Südost und Südwest ausgerichteten Tore weisen darauf hin, das hier der Auf- und Untergang des Sirius, des hellsten Fixsternes am Nachthimmel, beobachtet werden konnte.

Komplexes Wissen der alten Quedlinburger

Die Anlage bestand insgesamt aus zwei konzentrischen Gräben sowie einem dritten unvollständigen Graben, mit jeweils einer Tiefe von 2,5 m und einer Breite von 3 m. „Einzelne Mitglieder der jungsteinzeitlichen Gesellschaft verfügten über komplexes Wissen“, erklärt Prof. Dr. Wolfram Schier, Professor für Prähistorische Archäologie an der Freien Universität Berlin, der die Grabungen leitete. „Sie scheinen über genug Autorität oder Überzeugungskraft verfügt zu haben, um andere zu einer beträchtlichen gemeinschaftlichen Arbeitsleistung für eine monumentale Anlage ohne erkennbaren ökonomischen Nutzen zu motivieren.“

Fundstelle im Getreidefeld

Die Fundstelle liegt von Stadt Quedlinburg im Nordharzvorland und wurde bereits 2000 aus der Luft durch Wuchsunterschiede im reifen Getreidefeld entdeckt. Seit 2010 untersucht das Institut für Prähistorische Archäologie der Freien Universität Berlin in Kooperation mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt (Halle/Saale) diese sogenannte Kreisgrabenanlage, die in einen Abschnitt der Jungsteinzeit (ca. 4800-4700 v. Chr.) datiert wurde. Seit 2012 wird das Projekt „Gebautes Wissen“ von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.

Die Kreisgrabenanlage von Quedlinburg lässt sich, sowohl was ihre Zeitstellung, als auch ihre kulturhistorische Bedeutung betrifft, dem bekannten und wiederaufgebauten „Sonnenobservatorium“ von Goseck (Burgenlandkreis) an die Seite stellen. Die Kreisgrabenanlagen von Quedlinburg und Goseck unterscheiden sich aber im grundlegenden Aufbau, was belegt, dass in der Jungsteinzeit diese einmal entwickelte Idee keineswegs einfach nur kopiert wurde.

Respekt vor den Erbauern

Die mehrjährigen Ausgrabungen bei Quedlinburg haben nicht nur eine längere vorausgehende Beobachtungsdauer bei der Standortwahl sowie große Sorgfalt bei der Planung der Anlage gezeigt, sondern belegen erstmalig auch vorausschauende Schutzmaßnahmen ihrer Erbauer, zum Beispiel gegen Erosion.

Beim Nutzen der Anlage liegt ein Zusammenhang mit jahreszeitlich festgelegten Ritualen und Festen nahe. Die Kreisgrabenanlage von Quedlinburg ist die erste ihrer Art, für die eine Orientierung aller Tore auf markante Anhöhen und Berge in der Umgebung nachweisbar, aber auch ein Bezug auf die Auf- und Untergangspunkte besonders heller Sterne wahrscheinlich ist. Dies setzt eine besonders komplexe und sorgfältige Beobachtung über mehrere Jahre voraus, ehe man überhaupt mit dem Bau begann.

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